Berücksichtigung von nichttragenden Schichten

Zwischen dem Anbauteil bzw. der Ankerplatte aus Stahl und dem Verankerungsgrund wie z.B. Stahlbeton können sich andere Materialien befinden. So trifft man häufig Putz oder beispielweise einen Thermostopp an. Thermostopps sind dünne Platten i.d.R. aus Kunststoff, welche zwischen den Ankerplatten z.B. einer Konsole und dem Verankerungsgrund eingesetzt werden, um den Wärmedurchgang zwischen der Ankerplatte und dem Verankerungsgrund zu minimieren. Auch Unterlagen aus Holz (Nadel- oder Hartholz) und lose Unterlagen aus Stahlblechen werden häufig eingesetzt. Im Extremfall kann es aber auch eine Dämmschicht oder sogar Luft sein. Bei zweischaligem Mauerwerk muss meist in der hinteren Schale, der sogenannten Tragschale und nicht in der äußeren Wetterschale verankert werden. Diese ist meist relativ dünn und kann somit keine Lasten oder wenn, dann nur geringe Lasten aufnehmen. Hierzu muss durch die Wetterschale sowie eine Luft- und evtl. noch eine Dämmschicht hindurch gebohrt und verankert werden, damit eine sichere Befestigung möglich wird. Alle Schichten, welche sich vor der Tragschale befinden, werden als nichttragend eingestuft. Auch die Befestigung durch einen schwimmenden Estrich inkl. Dämmung erfolgt durch die nichttragenden Zwischenschichten, bis der Anker bzw. Dübel in den tragenden Beton einbindet.

Um die korrekte Dübellänge zu ermitteln, sind diese nicht tragenden Schichten zu der Dicke des tatsächlichen Anbauteils hinzuzuaddieren, damit sichergestellt wird, dass die Anker immer noch ausreichend tief mit ihrer erforderlichen Verankerungstiefe im Verankerungsgrund einbinden.

Rechnerisch sind diese Schichten als nichttragende Schichten zu betrachten, wenn es um die Beurteilung der Tragfähigkeit von Dübeln oder Ankern geht.

Zuglasten

Bezüglich von auftretenden Zuglasten haben diese nichttragenden Schichten kaum einen Einfluss, es sei denn, die Dübel, wie z.B. Bolzenanker müssen durch ein Montagedrehmoment mittels Drehmomentschlüssel vorgespannt werden. Dann entsteht beim Aufbringen des Drehmoments eine Druckkraft zwischen dem Anbauteil und dem Verankerungsgrund. Diese Druckkraft muss auch durch die nichttragenden Schichten durchgeleitet werden können, damit der Anker verspannt und für seine volle Tragfähigkeit aktiviert werden kann. Ist das nicht der Fall, dann kann man sich dadurch behelfen, eine über den Dübel gesteckte Rohrhülse zu verwenden, welche zwischen der Ankerplatte und dem Verankerungsgrund die entstehende Druckkraft von der Ankerplatte über das Rohr direkt z.B. auf den Beton überträgt. Bezüglich der Bemessung hat diese Zwischenschicht aber keinen weiteren Einfluss auf die Zug- Tragfähigkeit der Verankerung.

Querlasten

Bei Querlasten haben diese nichttragenden Zwischenschichten allerdings häufig einen erheblichen und leider negativen Einfluss auf die Tragfähigkeit der Verankerung. Je dicker die nichttragende Zwischenschicht ist, desto stärker reduziert sich die Tragfähigkeit der Verankerung. Im Eurocode 2 Teil 4 (DIN EN 1992-4;2019-04) wird im Abschnitt 6.2.2.3 genau beschrieben, wie eine solche Zwischenschicht rechnerisch zu berücksichtigen ist, bzw. wann die Querlast mit Hebelarm wirkt und wann nicht.

Analog gilt das für die Verankerungen in Mauerwerk. Hier regelt der Technische Bericht (Technical Report 054) die Voraussetzungen im Abschnitt 3.2.

Wenn ein Metallanbauteil direkt auf dem Verankerungsgrund aufliegt, dann wird eine einwirkende Querlast direkt über die Querschnittsfläche im Dübel in der Fuge zwischen Metall und Beton übertragen. Die Tragfähigkeit ist hier sehr gut. Sobald ein Abstand entsteht, und somit ein rechnerischer Hebelarm, dann wird der Dübel auf Biegung beansprucht und die Tragfähigkeit nimmt mit zunehmendem Abstand rapide ab. Insbesondere die Verformungen nehmen stark zu und deshalb muss die Tragfähigkeit begrenzt werden.

Damit ein Hebelarm rechnerisch unberücksichtigt bleiben darf, muss das Anbauteil aus Metall sein und die Dübel mindestens über die halbe Anbauteilhöhe das Anbauteil berühren. Außerdem müsste das Betonbauteil direkt auf der Betonoberfläche ohne eine Zwischenschicht aufliegen. Alternativ darf sich eine Ausgleichsmörtelschicht zwischen Anbauteil und der rauen Betonoberfläche befinden, welche aber eine maximale Dicke haben darf, welche der Hälfte des Dübeldurchmessers entspricht und gleichzeitig muss das Anbauteil vollflächig unterfüllt sein und die Mörtelzwischenschicht eine Druckfestigkeit aufweisen, welche mindestens der Druckfestigkeit des darunterliegenden Betons entspricht und auch mindestens 30 N/mm² beträgt.

In allen anderen Fällen ist die Zwischenlage als nichttragend zu betrachten – das gilt also grundsätzlich für jegliche Anbauteile aus Holz oder Holzwerkstoffen und auch für lose Unterlagen aus Stahlblechen. Können die Stahlbleche an das Anbauteil fest verbunden (geschweißt) werden und haben diese den gleichen Lochdurchmesser wie im eigentlichen Anbauteil und unterfüttern die Bleche das Anbauteil komplett, dann kann die Berücksichtigung der Biegebeanspruchung in den Dübeln vernachlässigt werden.

Bei Anbauteilen aus Holz, welche direkt auf dem Beton aufliegen, kann man auf die Berücksichtigung der Biegung verzichten, wenn man in der Fuge zwischen Beton und Holz im Holzbauteil einen einseitigen Dübel besonderer Bauart (auch als Geka-, Appel-, Bulldog-, Einlass-, Einpress-, Einlass-/ Einpress-, Ring- oder Scheibendübel bezeichnet) anordnet. Dieser ermöglicht es, die Querkraft direkt vom Holzbauteil über den Dübel besonderer Bauart, den Dübel in den Beton und somit in den Verankerungsgrund ohne Biegebeanspruchung der Anker zu übertragen.

In allen anderen Fällen, muss – wie bereits erwähnt – die nichttragende Zwischenschicht rechnerisch berücksichtigt werden. Unabhängig davon, ob eine Schicht vorhanden ist oder ob es sich um eine richtige Abstandsmontage handelt, bei welcher i.d.R. entweder nur eine weiche Dämmschicht oder Luft zwischen dem Anbauteil und der Ankerplatte befindet.

Tipps vom Experten

Es ist unbedingt mit dem verantwortlichen Tragwerksplaner / Statiker zu klären, ob eine solche Zwischenschicht angeordnet werden kann oder nicht. Wenn diese angeordnet wird, dann muss diese auch auf jeden Fall rechnerisch berücksichtigt werden. Wurde die Bemessung ohne Zwischenschicht ausgeführt, diese dann aber auf der Baustelle ausgeführt, dann kann es zu einer gefährlichen und deutlichen Überbelastung bis hin zum Versagen der Verankerung führen. Außerdem ist es dann auch sehr wahrscheinlich, dass die Dübel in einer zu kurzen Länge und zu kurzen Nutzlänge bestellt wurden und somit nicht ausreichend tief in den Verankerungsgrund einbinden.

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